Eschershäuser Wappen

Amtsrat im Ruhe­stand
Adolf Lucé senior
Stadtarchivar

Ein Streif­zug durch die Ge­schichte und die Um­gebung der
Wilhelm-Raabe-Stadt
Eschers­hausen

Druck: C. Bruns oHG., Eschers­hausen

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Diese Seite enthält eine Digitalisierung des Buches „Ein Streifzug durch die Geschichte und die Umgebung der Wilhelm-Raabe-Stadt Eschershausen“ (erste Auflage, etwa 1954), von Adolf Lucé senior, gedruckt von der C. Bruns oHG., Eschershausen.

Der Inhalt wird auf dieser Seite in einfachster Internet-Formatierung wiedergegeben. Eine dem Original nachempfundene Version gibt es als PDF-Datei (5 MB): Ein Streifzug durch Eschershausen 1954.

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Digitalisierung durch Christian Kaese, Eschershausen 2019.








Foto Eschershausen


Mein Lennetal

Melodie: Wohlauf Kameraden auf’s Pferd …

Wie bist du so lieblich mein Tal, so fein
Von waldigen Bergen umgeben;
Von ihrem verwitterten Felsengestein
Erblickt man ein rühriges Leben.
Hast du auch nicht Bürgen so stolz wie der Rhein,
So sollst du von Herzen mir lieb doch sein!

Als einstens der Römer raubgierige Schar
Germaniens Völker bekriegte,
Bei Idistavisus den Hermann gar
Durch schändliche Zwietracht besiegte,
Da lagst du zertreten, o Jammer und Qual,
Von römschen Kohorten, mein armes Tal.

Bei Hastenbeck ging dir’s auch gar schlecht,
Da ließ sich der Cumberland schlagen;
Das war dem Friedrich gar nicht recht,
Drum tät er den Cumberland jagen
Und schickte den Ferdinand von Braunschweig vor
Der schlug den Franzos beim westfälschen Tor.

Mein Herz für dich viele Wünsche hat,
Es möchte sein Bestes dir geben:
„Es wachse der Asphalt, es grüne die Saat,
Die Schienen den Handel dir heben,
In Frieden gedeihe du allzumal.
Gott segne dich immer, mein Lennetal!“

Eschershausen 1902.

Karl Hage.



Eschershausen

Eschershausen, eine kleine Stadt im Kreise Holzminden, an den alten Heerstraßen Köln–Braunschweig und Hameln–Einbeck, sowie an der Lenne und zwischen Ith, Hils, Homburger Bergen und Vogler gelegen, ist als Geburtsstätte des Dichters Wilhelm Raabe, durch die Verarbeitung von Naturasphalt und nicht zuletzt durch die Segelfliegerschule am Ith, sowie seine schöne Jugendherberge sehr bekannt geworden.

Die ältesten Urkunden über eine dünne Besiedlung dieses Gebietes befinden sich heute im Heimatmuseum Holzminden in Form von Steinbeilen und Pfeilspitzen aus der jüngeren Steinzeit. Die örtlichen Verhältnisse mit einem fischreichen, kleinen Fluss, der Lenne, zwei guten ergiebigen Quellen für Trinkwasser (Wehnbrunnen und Herrenborn), der dichte Wald mit großem Wildbestand und die abgrenzenden Höhenzüge der umliegenden Berge luden die wandernden Völkerstämme zum Sesshaftwerden geradezu ein.

Und deshalb könnte ein Teil der nach England hinübergezogenen Sachsen, die unter Führung des alten Hadugoto um 534 von dort zurückkehrten, hier sich angesiedelt haben. Sie waren kriegs- und raublustige Sachsen, die sich Askomannen und Wikinger nannten. Von ihnen wird unsere Gegend die Bezeichnung Wikanavelde und ihre Schutzburg auf der Homburg den Namen Castellum-Wakanafeldisten erhalten haben. Sie waren die Erbauer oder Ansiedler von Asciereshusen.

Urkundlich ist Eschershausen erstmalig nach 891 in den Traditiones Corbeienses als Astiershusen erwähnt, als Asic einen Hörigen in Astiershusen dem Kloster Corvey übergeben hat. Nach Rustenbach hat dieser Asic dem Billungschen Stamm angehört und mit Wahrscheinlichkeit sind die Billunger vor den Grafen von Northeim Eigentümer der Homburg und gleichzeitig Gaugrafen im Gau Wikanavelde gewesen. Der letzte Northeimer Graf Siegfried hat im Anfang des 12. Jahrhunderts auf den Mauern des Castellum Wikanafeldisten die Homburg erbaut. Er nannte sich mehrfach Graf von Homburg und hat mit der Stiftung des Klosters Amelungsborn 1125 großes Interesse für unsere Gegend gezeigt. In der Zeit von 1079 bis 1114 sind vlämische Einwanderer unter dem Schutze des Bischofs von Hildesheim in und um Eschershausen angesiedelt worden (Odenberge, Odenrode, Quathagen). 1183 zogen die Edelherren von Homburg in die Herrschaft Homburg ein. Unter ihnen nahm Eschershausen erheblich an Bedeutung zu. Es wurde Flecken, erhielt die bürgerliche Freiheit, die Braugerechtigkeit, das Marktrecht und das Recht des bürgerlichen Zwangs als niedrige Gerichtsbarkeit verliehen. Die Urkunden darüber sind im Dreißigjährigen Kriege vernichtet worden.

1228 sind neben Bodo von Homburg, der Pfarrer Hedenricus, der Vogt Konrad, die Einwohner Theodoricus incifor, Sifridus Papa und Widekin, alle aus Eschershausen, als Zeugen in einer Urkunde über die Beilegung eines Streites zwischen den Grafen von Dassel als Lehnsherren und ihren Lehnsleuten zu Eschershausen benannt. Am 25. Juni 1286 ist ein Schenkungsvertrag von Heinrich von Homburg in Eschershausen beurkundet und besiegelt worden.

Nach dem Aussterben der Edelherren von Homburg im Jahre 1409 kam Eschershausen mit der Herrschaft Homburg in den Besitz der Herzöge von Braunschweig. Einige Fehden über den Besitz der Herrschaft Homburg mit dem Bischof von Hildesheim fielen zu Gunsten der Herzöge von Braunschweig aus. Ein fürstlicher Amtmann wurde mit der Verwaltung der Herrschaft Homburg betraut und hatte seinen Amtssitz in der Homburg. Nach dem Einsturz der Homburg um 1540 wurde der Amtssitz des fürstlichen Amtmannes in das bisherige Vorwerk der Homburg, Wickensen, verlegt. Wilken Klenke, ein Adeliger, war damals Amtmann. Aus dieser Zeit stammt die älteste vorhandene Urkunde über die Hand- und Spanndienstleistungen der Einwohner von Eschershausen.

Im Dreißigjährigen Krieg hat Eschershausen stark gelitten und große Opfer bringen müssen. Es erholte sich langsam und hatte um 1760 wieder 547 Einwohner, und zwar: 4 Halbspänner, 45 Riegesitzer, 38 Kirchhöfer und 5 Bödener. Die Halbspänner und die Riegesitzer hatten die Braugerechtigkeit. Sie brauten abwechselnd im Brauhaus neben dem Rathaus wöchentlich das Bier, das an den Ratskeller und die Krüge in Scharfoldendorf, Holzen, Lüerdissen und Oelkassen geliefert wurde. Neben der Ackerwirtschaft war die Leinenweberei die Haupteinnahmequelle der Einwohner.

Im Siebenjährigen Kriege hatte Eschershausen wiederum stark zu leiden. Die Bürger wurden drangsaliert und hatten erhebliche Quartierleistungen zu tragen. Der Bürgermeister legte sein Amt nieder, weil er von den Franzosen häufig geschlagen und geschunden wurde. Ein neuer Bürgermeister fand sich nicht, und so musste der alte sein Bürgermeisteramt weiterführen. Für die Verhandlungen mit den Franzosen wurde ihm aber ein überaus kräftiger Einwohner als zweiter Bürgermeister zur Seite gestellt. Die Einwohner mussten den Franzosen die Tornister in die neuen Quartiere in anderen Orten tragen, oder sie wurden mitgenommen, um ihnen die Wege zu weisen.

Auch nach diesem Kriege erholte sich Eschershausen langsam und zählte 1793 wieder 725 Einwohner.

1801 berührte Goethe auf seiner Reise nach Pyrmont Eschershausen. In seinem Tagebuch hat er darüber niedergeschrieben: „Die Bauern in Eschershausen hatten weiße Kittel, rot vorgestoßen, weiße kattunene Westen, blaue tuchene Beinkleider und blaue Kamaschen. Die Bauernhäuser mit artigem Schmuck und Inscriptionen verziert, übrigens aber große Haustüren, inwendig befand sich eine Tenne, gleich in der Nachbarschaft das Vieh. Herd, Küche und Wohnung der Menschen, alles beisammen unter einem Dach. Die Öfen und Rauchlöcher gingen fast alle auf der Seite des Hauses unter dem Dache, auch zur Haustür selbst heraus.“ Ihm fiel die eigenartige Inschrift an dem Hause Steinweg 18 auf. Sie lautet: „Vir fiut domus quot indicat conditor eius.“ Nach Umstellung der Worte würde sie auf Deutsch laufen: „Wie das Haus es zeiget an, so war, der es gebaut, der Mann.“

Von 1807–1813 gehörte Eschershausen zum Königreich Westfalen und musste an den König Jerome, den Bruder Napoleons, der in Kassel als „König Lustic“ residierte, hohe Kontributionen zahlen. Nach dem Abzug der Franzosen, nach der Völkerschlacht bei Leipzig, wurde in Eschershausen ein Kreisgericht eingerichtet. Am 8. September 1831 wurde der Dichter Wilhelm Raabe, als Sohn des Kreisaktuars Gustav Raabe, in Eschershausen geboren.

1833 erhielt Eschershausen die Stadtgerechtsame.

Nach der Vertreibung des Herzogs Carl II. aus dem Herzogtum Braunschweig wurde 1830 in Eschershausen eine Bürgerwehr eingerichtet, die auch im Jahre 1848 wieder aufgerufen wurde. Zum Waffengebrauch ist die Bürgerwehr nicht gekommen.

Um 1870 wurde im Hils der Asphalt entdeckt und brachte durch Einrichtung von Asphaltfabriken neue Verdienstmöglichkeiten für die Einwohner von Eschershausen.

Im Jahre 1900 konnte die Vorwohle-EmmerthaIer Eisenbahn eingeweiht werden.

1928 wurde die Badeanstalt eingerichtet und im Jahre 1931 zu Wilhelm Raabes 100. Geburtstag die moderne Wilhelm-Raabe-Schule (Grund- und Mittelschule) eingeweiht und sein Denkmal von Sagebiel enthüllt. 1947–1948 ist die stattliche Jugendherberge erbaut, an deren Fertigstellung Jugendliche vieler Nationen mitgewirkt haben. Mit den aus den verlorenen Ostgebieten zugeführten Deutschen hat sich die Einwohnerschaft von Eschershausen auf 4400 erhöht.

Nach dem großen Dichter Wilhelm Raabe sind als bekannte Heimatschriftsteller Otto Elster, als Sohn des Sanitätsrats Dr. Elster, Ludwig Kubel, als Sohn des Apothekers Kubel, und Robert Rustenbach, als Sohn des Bürgermeisters Rustenbach, in Eschershausen geboren.



Die Kirche

Die Sankt-Martins-Kirche in Eschershausen ist sehr alt. Als Karl der Große im Jahre 775 nach der Besiegung der Sachsen am Brunsberge bei Höxter den Übergang über die Weser erkämpft hatte und seinen Vormarsch zur mittleren Oker fortsetzen konnte, wird er Eschershausen berührt haben. Er wird die Einwohner zum christlichen Glauben gezwungen und einen Pfarrer oder Mönch hier zurückgelassen haben. Es wird eine kleine Kirche erbaut worden sein, die dem heiligen Martin, einem fränkischen Nationalheiligen geweiht wurde und auch die Aussicht bot, von hieraus die christliche Lehre zum Erfolge zu führen.

Das Kirchspiel Eschershausen gehörte zum Bistum Hildesheim und grenzte im Südosten an das Erzbistum Mainz, im Südwesten an das Bistum Paderborn und im Nordwesten an das Bistum Minden.

Bei den Fehden zwischen dem Herzog von Braunschweig und dem Bischof von Hildesheim um 1462 sollte der Kirchhof und die Kirche mit 150 Mann zu Fuß und ebenso vielen zu Pferde vom Bischof besetzt werden.

1568 wurde die evangelische Lehre eingeführt und die Predigerstelle von der Vicarie in Lüerdissen, die 1382 von den Edelherrn von Homburg aus Ehrfurcht vor dem allmächtigen Gotte und zum Seelenheil ihrer Eltern und Verwandten geschaffen worden war, als Diakonatpfarrstelle nach Eschershausen übertragen. Seitdem sind in beiden Pfarrstellen 55 Pastoren tätig gewesen.

Im Jahre 1736 stürzte während des Gottesdienstes die Südseite der alten Kirche ein. Es wurde eine neue Kirche an der gleichen Stelle errichtet und 1746 eingeweiht. Sie ist ein dreischiffiger rechteckiger Bau mit einem etwas eingerückten Turm. Die Decke besteht aus einem Tonnengewölbe. Die Orgel hat ein Rokokogehäuse. Über dem Altar befindet sich die Kanzel zwischen zwei korinthischen Pilastern mit Flügelwerk aus Rokokogeschlinge. An der Wand links vom Altar sind die Epitaphien der Familie Freyenhagen, die durch Generationen fürstliche Amtmänner in Wickensen waren, angebracht. In der Kirche und auf dem Friedhof um die Kirche herum wurden bis 1765 die Toten aus Eschershausen, Wickensen, Holzen, Scharfoldendorf, Lüerdissen und Oelkassen beigesetzt.

Drei Stahlglocken bilden das Geläut für die im Weltkrieg abgelieferten Bronzeglocken.



Das älteste Fachwerk-Wohnhaus im Kreise Holzminden

Die Raabestadt besitzt das älteste Fachwerkwohnhaus des Kreises Holzminden. Es wurde im Jahre 1580 von Hans Brinkmann erbaut und erhielt nach Einrichtung der Landesbrandversicherung die Nummer 48, heute Driebe 1. Es gehört zum bäuerlichen Einhäuser-Typ und ist baulich interessant durch mancherlei spätere Umänderungen des Fachwerks. Das Haus hatte ursprünglich eine Breite von sechs Fach, wovon nur eines links der Däle lag. Rechts befanden sich die Wohnräume. Das rundbogige Dälentor ist eingefasst von einem Flechttau und Sternenband. Die Inschrift lautet:

Mein Got und Herr dis Haus bewaret
So bleibet es aus aller Gefhahr. Ano 1580.

Im Jahre 1783 wechselte das Haus im Erb-Tausch-Handel den Besitzer. „Heinrich Christoph Fricke Bürger und Leinweber nebst Ehefrau Johanne Christine Louise, gebohrene Sievert übergaben ihr Haus ass Nr. 48 an den Maurermeister Carl Klinkerfuß nebst Ehefrau Johanne Friederike Wilhelmine, gebohrene Homeier für das Haus auf der Wohrt Nr. 29. Sie baten den Gerichtsschultheißen J. Laurentius und den Bürgermeister Grove den Tauschhandel gerichtlich zu bestätigen; Carl Klinkerfuß Ehefrau behielt sich jedoch dabey dieses bevor, daß wenn es in dem Frickschen vorhin Vosschen Hause, spüken oder Gespenster geben sollte, wie die Rede ginge, sie den Tausch wiederrufen und in das Haus auf der Wohrt zurückziehen könne.

Heinrich Christoph Fricke und dessen Ehefrau erwiederten hierauf, daß sie in besagtem Hause niemals Spükerey oder ein Gespenst gesehen oder verspürt hätten, wären aber mit der Bedingung dergestalt zufrieden, daß sie den Tausch wieder aufrufen wollten, wenn Carl Klinkerfuß Ehefrau wirklich erweisen würde, daß es in dem Hause eine Spükerey oder Gespenster gäbe, weswegen selbiges nicht bewohnt werden könne. Urkundlich des untergedruckten Gerichtssiegels und der beygesetzten Unterschrift, geschehen wie oben, Eschershausen den 4. Jul. 1783.“

Viele alte Häuser werden im Dreißigjährigen und Siebenjährigen Kriege vernichtet worden sein. Das alte Torhaus wurde 1776 abgebrochen. 1835 wurde das alte Brauhaus abgerissen, um den Platz für das heutige Amtsgericht zu schaffen. Das alte Rathaus mit dem Ratskeller am Marktplatz wurde 1876 abgebrochen. Kurz nach dem Freiheitskriege versuchten viele Bürger durch „warmen“ Abbruch sich ihrer alten Häuser zu entledigen und mit Hilfe der Entschädigung der Landesbrandversicherung zu neuen und besseren Häusern zu kommen. Doch daraufhin ließ das Fürstliche Cammer Collegium in Braunschweig zur Unterbindung der vielen Brandstiftungen Ende 1815 Herzogliches Militär in Eschershausen stationieren. Die daraus sich ergebenden Quartierlasten mussten die Bürger von Eschershausen tragen.



Das alte Rathaus mit dem Ratskeller

Am Marktplatz rechter Hand zwischen dem Ehrenmal für die Gefallenen und dem Amtsgericht stand bis zum Jahre 1876 das alte Rathaus mit dem Ratskeller. Das Gebäude, das in zwei verschiedenen Bauabschnitten entstanden ist, hatte einen Gebäudeteil mit Spitzgiebel nach der Straße (älterer Teil) und quer dazu einen größeren Gebäudeteil mit abgewalmten Giebel zum Marktplatz (jüngerer Teil). Unterlagen über den Zeitpunkt der Errichtung oder ein Bild des Rathauses mit dem Ratskeller sind nicht vorhanden.

In einer erhaltenen Pergamenturkunde vom 3. August 1630 bestätigte der Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig und Lüneburg dem Bürgermeister und Rat des Fleckens Eschershausen die von seinen in Gott ruhenden Vorfahren verliehene Braugerechtigkeit und das Recht ihr eigenes gebrautes Bier auf ihrem Rathause und Gemeinen Keller auszuschenken. Die alten Dokumente waren „bey diesem zerrütteten erbärmlichen Kriegswesen“ abhandengekommen. Bekannt ist, dass die Braugerechtigkeit dem Flecken Eschershausen von den Edelherren von Homburg zwischen 1183 und 1409 verliehen worden ist.

Der Ratskeller war an einen Krugwirt verpachtet und erbrachte der Gemeindekasse etwa 200 Reichsthaler jährlich. 1863 wurde das Rathaus mit dem Ratskeller meistbietend verkauft, weil das uralte Gebäude infolge der notwendig werdenden Instandsetzungen keine Einnahmequelle für die Stadt mehr war. Bis 1875 wechselte das Gebäude noch zehnmal den Besitzer, ehe es von der Landesregierung zum Abbruch erworben wurde.

Dem Schriftsteller Ludwig Kubel, der als Siebzehnjähriger Eschershausen verlassen hat, danken wir nachstehende Beschreibung des Rathauses: „Das alte Rathaus stand auf dem Marktplatze an der Ostseite des Amtsgerichts, von diesem nur durch eine dunkle und schmale Gasse getrennt. Romantisch spukhaft mutete das alte Geniste außen und innen an. Kein anderes Haus der Stadt hätte dem Maler einen würdigeren und dankbaren Vorwurf bieten können. Seine Schauseite hatte eine feine Gliederung. Die östliche Hälfte sprang bis an die Straße vor und ruhte des abschüssigen Geländes wegen auf einer hohen Grundmauer von Quadern, während das eigentliche Gebäude in zierlichem Fachwerk mit zum Teil kunstvoll geschnitzten Balken errichtet war. In diesem vorspringenden Teile befand sich die geräumige Gaststube, zu deren Besuch ein verschnörkelter eiserner Arm mit dem Stadtlöwen, golden in blauem Schild, weit über die Straße gereckt, einlud. Die westliche Haushälfte trat etwa zwei Meter weit zurück und ließ so Platz für eine offene Halle oder Laube, die in gleicher Höhe mit der Gaststube lag und deren Dach von dicken runden Holzsäulen getragen wurde. Das Haus war nur zweistöckig, aber durch die hohe Grundmauer, die Säulenhalle und das riesige Dach mit stolzem Giebel machte es doch einen imposanten und altertümlichen Eindruck. Heute würde man es ausbessern und unter Heimatschutz stellen.“

Weder diese Beschreibung noch die Angaben unserer ältesten 93-jährigen Einwohnerin gaben die Möglichkeit, das Gebäude einwandfrei zu rekonstruieren.

Wir verdanken dem Kreisbaumeister Haarmann in Holzminden, dem Begründer der ersten Baugewerkschule in Deutschland, das Vorhandensein einer Handzeichnung, eines Grundrisses und einer Beschreibung des Rathauses mit dem Ratskeller. Er hat im Jahre 1853 dem Zimmergesellen L. Remke in Brunkensen die 48 Aufgaben zur Ablegung der Meisterprüfung gestellt und dabei eine Handzeichnung, einen Grundriss und die Beschreibung des Rathauses mit Ratskeller in Eschershausen gefordert. 1855 wurden von ihm als Vorsitzenden des Meisterprüfungsausschusses die Arbeiten als gelungen anerkannt, die dann vom Bürgermeister Rustenbach zu den Stadtakten genommen wurden.

Das jetzige Rathaus an der Raabestraße ist im Jahre 1945 von der Stadtverwaltung bezogen. Das Gebäude wurde 1864 als Bürgerschule gebaut und hat bis zur Einweihung der Wilhelm-Raabe-Schule 1931 diesem Zweck gedient.

Die Linde vor dem Rathaus ist am Geburtstag Kaiser Wilhelms I. im Jahre 1871 von Schulkindern angepflanzt worden.

Die Vorhalle und das Fenster im Treppenhaus des Rathauses sind künstlerisch gestaltet.



Wilhelm Raabes Geburtshaus Raabestraße 5

Im Jahre 1899 veröffentlichte der Lehrer Karl Hage, Eschershausen, das Ergebnis seiner Ermittlungen über Wilhelm Raabes Geburtshaus mit der Feststellung, dass das im Besitz der Familie Lucé befindliche Haus mit der Brandversicherungsnummer 91, dann 91b und später 138 als die Geburtsstätte Wilhelm Raabes in Betracht komme. Als dann später eine Gedenktafel an Raabes Geburtshaus angebracht worden war, wurde an dem jetzt abgerissenen Hause mit der Brandversicherungsnummer 90 von unbekannter Hand eine Papptafel mit den Worten „Das echte Raabehaus“ befestigt und von Mund zu Mund erzählt, dass nur dieses Haus das Geburtshaus Wilhelm Raabes sei.

Nunmehr nahm der im Hause Nr. 138 geborene Landgerichtsdirektor Robert Rustenbach aus Braunschweig, der bereits in einer Veröffentlichung im Jahre 1900 ohne Wissen von Lehrer Hages Ermittlungen nach eigenen Feststellungen das Haus Nr. 138 als Raabes Geburtshaus bezeichnet hatte, weitere Nachforschungen zur Beweisführung auf. Er befragte den Dichter Wilhelm Raabe und seinen jüngeren Bruder Oberamtsrichter Heinrich Raabe nach Erzählungen ihrer Mutter über die Wohnung in Eschershausen, nahm die Nachforschungen in Eschershausen auf, durchsuchte die Stadtkassenrechnungen und die Gemeindesteuerlisten aus dem Geburtsjahre Wilhelm Raabes und legte das Ergebnis seiner Untersuchungen in einem Bericht fest, der im Jahre 1909 im Braunschweigischen Magazin veröffentlicht wurde. Dabei kam er zu dem Schluss, dass Wilhelm Raabe nur in dem mit der Gedenktafel versehenen Hause Nr. 138 geboren sei, obschon er keine schriftlichen Angaben über die Wohnung des Aktuars Raabe gefunden hatte.

Auch nach dieser erneuten Feststellung verstummten die Stimmen derer nicht, die das Haus Nr. 90 für das „echte“ Geburtshaus Wilhelm Raabes hielten. Sie konnten es auch nicht unterlassen, den inzwischen in Eschershausen untergebrachten Vertriebenen und Flüchtlingen ihre durch nichts begründete Meinung zur Kenntnis zu geben.

1950 ist von dem Stadtarchivar beim Sichten der städtischen Archivakten eine amtliche Urkunde über die Wohnung des Aktuars Raabe im Jahre 1830 in dem Aktenstück „Die Bürgergarde in Eschershausen 1830–1831“ aufgefunden. In dem Verzeichnis der Bürgergardisten ist unter laufender Nummer 150 Herr Aktuar Raabe, Haus Brandversicherungs-Nr. 91 aufgeführt. Damit sind die Feststellungen des Lehrers Karl Hage und des Landgerichtsdirektors Robert Rustenbach über das Geburtshaus des Dichters Wilhelm Raabe urkundlich bestätigt worden.

Abschließend kann festgestellt werden, dass die vom Raabeverein gestiftete Gedenktafel zur Erinnerung an Wilhelm Raabes Geburt an seiner wirklichen Geburtsstätte Raabestraße 5 angebracht ist.



Die Apotheke

In dem Generalbericht des Fleckens Eschershausen vom Jahre 1760 an den Herzog Carl wird angeführt: „In Eschershausen ist keine Apotheke und Medicus vorhanden. Die Einwohner bedienen sich der Apoth-ke zu Stadtoldendorf und des Medici daselbst, welcher als verordneter Physicus diesen Ort mit respizirt.

Es wird zur Aufnahme hiesigen Orts gereichen, wenn gnädigst verstattet wird, daß hier eine Apotheke sei. Die Einwohner der Wickenser-Niederen-Börde und die vor dem Ide und Hilse in der Oberen-Börde wohnen, gehen mehr nach den Apotheken zu Bodenwerder und Alfeld als nach der zu Stadtoldendorf, weil jene ihnen näher sind; es wird also der Stadtoldendorfer Apotheke keinen Nachteil bringen, wenn allhier eine Apotheke ist, hingegen wird den Einwohnern der Ober- und Niederbörde, insonderheit aber denen hier eingepfarrten vier Dorfschaften und passierenden Fremden sehr damit gedient sein.

Wenn ein Apotheker, der sich hier anzubauen, selbst zu etablieren, anbey mit Gewürz und fetten Waaren zu handeln willens und vermögend wäre, gnädigster Concession dazu erhielte, würde derselbe füglich von solcher Nahrung subsistieren.

Die Apotheke könnte zuerst unter der Aufsicht des Physicus zu Stadtoldendorf stehen.“

Im General-Bericht vom Jahre 1769 wird erwähnt:

„Der Apotheker Braun hat seine Apotheke in gutem Stand, und mäßige Nahrung; diese würde stärker seyn, wenn die Leute zu dem Physico Hoffmann mehr Vertrauen hätten oder der Apotheker Braun dispensieren dürfte, wenn die Leute die Anweisung, sich an den Doctor zu vorderst zu wenden, damit beantworten, daß sie lieber nach Alfeld gehen wollten; also auch das Geld wirklich außer Landes tragen.“

Im Einwohner-Verzeichnis des Jahres 1766 wird erstmalig der Apotheker Braun aufgeführt. Danach wird die Apotheke im Jahre 1765 im neuerbauten Hause Assekuranznummer 111 (Raabestraße 2) eingerichtet sein. Im Jahre 1767 ist dem Apotheker Braun die Konzession zum Branntwein-Handel erteilt worden. 1790 ist Apotheker Braun verstorben, seine Witwe hat das Haus aber noch bis 1811 bewohnt und 1807 an Dr. Eicke verkauft.

Dr. Eicke war 1791 als Assistent an der Universität Jena ärztlicher Begleiter Schillers auf einer Reise von Jena nach Karlsbad. 1831 kurz vor der Geburt Wilhelm Raabes hat er seine Frau zu der Frau Raabe gegenüber geschickt und bestellen lassen, „Die Frau Nachbarin solle nicht immer am Fenster sitzen und nähen, sondern ihr Mädchen ans Spinnrad setzen und dafür in ihrem Hauswesen selber den Besen in die Hand nehmen, die Fußböden und Treppen waschen usw., das sei ihrer Gesundheit zuträglicher, das andere nicht.“

Dr. Eicke ist 1862 im Alter von 93 Jahren in Eschershausen gestorben.

Die Apotheke wurde von dem Apotheker Carl Friedrich Theoph. Hordt übernommen und 1794 in das Haus Assekuranznummer 1 (Steinweg 1) verlegt. 1812 ging die Apotheke in den Besitz des Apothekers Johann Friedrich Schulze über und wurde im Hause Assekuranznummer 46 (Marktplatz 3) eingerichtet. Von 1831–1834 war der Apotheker Horn und von 1835–1876 der Apotheker August Kubel Besitzer. Kubel verlegte 1864 die Apotheke nach dem Tode des 93-jährigen Dr. Eicke wieder in das Haus Assekuranznummer 111, in dem sie sich noch heute befindet. Die Apotheke wechselte dann von Constantin Cruse 1876–1902, Apfel 1902–1908, Erich Cruse 1909–1933, 1934 an den jetzigen Besitzer Helmut Kreyher. Durch den Roman „Die Apotheke zu Angerbeck“, von Ludwig Kubel, Sohn des Apothekers August Kubel, ist die Eschershäuser Apotheke weithin bekannt geworden.



Die Asphalt-Industrie in Eschershausen

Durch die Entdeckung der Asphalt-Kalksteine am Hils in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts entstand in Eschershausen die Asphalt-Industrie. Waldarbeiter, die ihr Mittagessen erwärmen wollten, legten einige Steine um ein kleines Feuer zusammen und stellten ihre Henkeltöpfe darauf. Bald beobachteten sie, dass aus den erhitzten Steinen eine dunkle, zähe Flüssigkeit hervorquoll.

Einige dieser merkwürdigen Steine wurden dem Apotheker August Kubel in Eschershausen vorgelegt und nach Untersuchung als Bitumen enthaltend erkannt. Der Kalkstein hat tierische und pflanzliche Öle in sich aufgenommen und erhalten. In dem Gestein werden versteinerte Muscheln, Schnecken, Ammonshörner, Fischzähne, Teile von Schildkröten und Knochen von Sauriern gefunden. Der Fettgehalt des Gesteins beträgt 3 % bis 7 %. 1873 wurde die Deutsche Asphalt-Aktien-Gesellschaft der Vorwohler und Limmer Grubenfelder gegründet und eine Asphaltfabrik in Eschershausen errichtet. Die Steine wurden im Tagebau im Hils gewonnen, mit Fuhrwerken nach Eschershausen gebracht, in zwei Kollergängen zerkleinert und in zwei Bitumenkesseln und acht Rührwerken zu Asphalt-Mastix gekocht. Der Asphalt wurde zum Straßenbau in den Großstädten verwendet. Die Tagesleistung betrug etwa 1000 Zentner.

Von dem Chemiker der DAG Hermann Kettmann wurde 1884 das Asphalt-Stampfmehl erfunden und ebenfalls zum Straßenbau verwendet. 1889 wurde die Fabrik durch ein Schadenfeuer teilweise zerstört, aber bald wieder unter Nutzbarmachung der inzwischen gewonnenen Erfahrungen neu errichtet.

Die Asphalt-Erzeugnisse mussten mit Fuhrwerken zu dem Bahnhof Vorwohle gefahren werden. Dies hörte erst auf, als im Jahre 1900 die Vorwohler-Emmerthaler Eisenbahn mit dem Bahnhof Eschershausen in Betrieb genommen werden konnte.

Neben dem Tagebau wurde auch zum bergwerkmäßigen Untertagebau geschritten und die Grube Herzog Wilhelm in Betrieb genommen. Zum Transport der Steine zur Fabrik in Eschershausen wurde eine vier Kilometer lange Drahtseilbahn gebaut. Die Fabrikanlagen wurden wesentlich erweitert und modernisiert, so dass eine Produktion von über 5000 Tonnen monatlich erreicht wurde.

Bis 1914 waren acht Asphaltfabriken entstanden. Heute sind nur noch die Deutsche Asphalt-Aktien-Gesellschaft der Vorwohler und Limmer Grubenfelder und die Naturasphalt-Gesellschaft m. b. H. mit der Industrie-Gesellschaft für Steine und Erde in Betrieb.

Die Naturasphalt-Gesellschaft m. b. H. bezieht ihre Steine aus dem Stollen Gustav, der ebenfalls durch eine vier Kilometer lange Drahtseilbahn mit der Fabrik in Eschershausen verbunden ist.

Aus dem Asphalt-Stampfmehl werden hydraulisch gepresste Platten hergestellt, die auch mit einer Terrazzofläche in verschiedenen Farben versehen werden. Diese Platten werden als Fußbodenbelag in Schulen, Bürohäusern, Fabriken, Treppenhäusern, Küchen und für Fußgängerwege verwendet.

Die beiden Werke beschäftigen über 800 Arbeitskräfte.



Das wilde Feuer

Ein alter Aberglaube

Seit undenklichen Zeiten wurde in Eschershausen zur Zeit, da die Bräune (Rotlauf) bei den Schweinen erwartet wurde, von den Schweinehirten ein wildes Feuer angelegt.

In einem engen Hohlweg wurden zu beiden Seiten des Weges Buchenzweige und -äste (Wasenholz) aufgeschichtet und in Brand gesetzt. Das Feuer durfte nicht mit Stein und Zunder, sondern musste durch Reiben von zwei Holzstöcken aneinander entfacht werden. Während des Anzündens des wilden Feuers durfte im ganzen Ort kein Herdfeuer brennen. Wenn die Flammen zu beiden Seiten des Weges hochschlugen, wurden die Schweine auf dem engen Weg durch die Flammen getrieben. Der Schweinehirt erhielt dafür sechs Mariengroschen aus der Gemeindekasse.

1787 ordnete die Obrigkeit an: „Die Gewohnheit, die Schweine zur Zeit, da man die Krankheit der Bräune anselbigen besorgt, durch ein mittelst heftigen Reibens angemachtes Feuer in einen engen Wege mit Holz-Wasen vorgerichtetes Flammen-Feuer mit Gewalt hindurch zu treiben, mag in Ansehung des Schreckens der Thiere gut seyn; daß man aber solches angeriebenes Feuer, ein wildes Feuer noch nennen, und während dessen Anzündung in den Häusern, kein Herd-Feuer haben soll, ist alt abergläubisch, und abzustellen.

Wenn das Feuer für die dadurch zu zwingenden Schweine, wie das Feuer in der Küche angezündet wird, so kann der abergläubische Nahme des wilden Feuers wegbleiben, und ein Feuer für die Schweine heißen.

Für die Veranstaltung des Feuers, und des Dadurchtreibens mögen 6 Mariengroschen übrigens wol in Ausgabe kommen.

Es wird dieses der Gemeine zu bedeuten seyn, damit der Aberglaube abgestellt werden möge.“



Die Homburg

Im Süden von Eschershausen erheben sich bis nach Stadtoldendorf die Homburger Berge in einem geschlossenen und landschaftlich sehr schönen Waldgebiet. Die höchste Erhebung, ein steiler Kegel von etwa 400 m Höhe, trägt die Ruine der Homburg.

Um 980 wird auf dem Kegel das „Castellum Wikanafeldisten“ urkundlich erwähnt. Es ist anzunehmen, dass es sich dabei um die Schutzburg der Einwohner des Gaues „Wikanavelde“ gehandelt hat, der das heutige Kirchspiel Eschershausen mit den Gemeinden Eschershausen, Scharfoldendorf, Lüerdissen, Oelkassen und Holzen umfasste.

Etwa um 1120 bis 1125 wurde von dem Grafen Siegfried von Northeim zum Schutze seiner Güter auf den Trümmern des Castells die Homburg erbaut; seitdem nannte er sich Graf von Homburg. 1125 wurde von ihm auch das Kloster Amelungsborn gegründet und mit mehreren seiner Güter beschenkt. Nach seinem Tode um 1145 wurden die Allodialbesitzungen von den Erben veräußert, und zwar kam die Homburg an den Grafen Hermann von Winzenburg, der sie 1150 an den Bischof von Hildesheim abtrat. Kurz darauf kam die Homburg in den Besitz Heinrichs des Löwen, nach dessen Ächtung aber 1181 wieder an den Bischof von Hildesheim. 1183 übernahmen sie die Edelherrn von Homburg und bewohnten sie bis 1409. Der Edelherr Bodo von Homburg gründete Bodenwerder. Nach dem Tode des letzten Edelherrn Heinrich von Homburg fiel die Homburg auf Grund eines 1409 abgeschlossenen Kaufvertrages an den Herzog Bernhard von Braunschweig-Lüneburg, der zur Verwaltung seines neuen Besitzes dort einen fürstlichen Amtmann einsetzte.

1447 wurde die Homburg bei einer Fehde vom Bischof von Hildesheim erobert, aber alsbald wieder von hussitischen Heerhaufen für den Herzog zurückerobert. 1466 wurde sie dann nochmals vom sächsischen Städtebund belagert. Sie verfiel mehr und mehr und konnte 1535 nicht mehr bewohnt werden. Aus ihren Trümmern wurde 1542 das Material für das Amtshaus in Wickensen gewonnen, das der fürstliche Amtmann alsdann bewohnte. In den folgenden 350 Jahren bewaldete sich der Bergkegel und Regen und Frost nahmen Anteil an der Vernichtung des Mauerwerks. Um 1900 wurden einige Ausgrabungen in der Ruine vorgenommen und noch bestehende Teile vor weiterem Verfall geschützt. Ein freigelegter Kellerraum, dessen Gewölbedecke von einer Säule getragen wurde, ist nach der Ausgrabung bald eingestürzt. Bei dem Abbruch der Branntwein-Brennerei in Wickensen um 1920 wurden vier Säulen freigelegt, die einstmals das Deckengewölbe des Rittersaales getragen haben mögen. Sie liegen jetzt ungeschützt am Fuß der Homburg bei den „25 Eichen“.

1935 wurde der Westturm der Homburg in seiner alten Form um etliche Meter erhöht und der Burgbrunnen bis zu einer Tiefe von sechs Metern freigelegt.

Die Homburg hatte in ihrer Grundfläche eine Ausdehnung von 100 m × 30 m. Sie war ringsherum von einer hohen Mauer umgeben, die gleichzeitig die Außenmauer der Wohnräume war und nur kleine, schmale Fenster in Form von Schießscharten nach außen hatte. Der Eingang zur Burg lag auf der Ostseite und über dem Eingangstor mag die Wohnung des Pförtners gelegen haben, denn eine Steintreppe ist mit wenigen Stufen heute noch erhalten. Nahe dem Eingangstor reckte sich der starke Ostturm in die Höhe und hier mag auch zwischen dem Eingang und dem Turm die kleine Kapelle gelegen haben. Der vordere Burghof wurde von den Wohnungen der Burgmannen und Knappen, den Pferdeställen und den Vorratsräumen umschlossen. In ihm befand sich der tiefe Burgbrunnen. Der innere Burghof war von dem vorderen durch eine starke Mauer mit großem Durchgangstor abgeschlossen. Um den inneren Burghof lagen der Rittersaal und die Wohnräume der Edelherrn sowie der hohe Westturm, dem wohl besondere Bedeutung zukam, weil von ihm aus die etwa eine Meile entfernt liegende Burg der Grafen von Everstein genauestens beobachtet werden musste, da die nachbarlichen Beziehungen nicht immer freundschaftlicher Natur waren. Neben dem Westturm ist noch ein Keller mit einem Tonnengewölbe sehr gut erhalten.

Nach der in den letzten Jahren erfolgten Abholzung um den Westturm herum bietet sich von diesem aus ein herrlicher Ausblick in das schöne Weserbergland.



Das ehemalige Cisterzienser-Kloster Amelungsborn

Nicht weit von Eschershausen, an der alten Heerstraße von Köln nach Braunschweig und an der Grenze des ehemaligen Gaues Wikanavelde, am Südrande des Odfeldes – Campus Odini – auf dem Auerberge wurde um 1125 von dem Grafen Siegfried von Northeim, der sich auch Graf von Homburg nannte, das Cisterzienserkloster Amelungsborn als erste Niederlassung der Cisterziensermönche in Niedersachsen gegründet. Bereits 1129 erhielt das Kloster die Bestätigungsurkunde vom Papst Honorius II. und wurde auch in einem Brief des heiligen Bernhard von Clairvaux beglückwünscht. Der Abt wurde von den Mönchen frei gewählt und hatte die Berechtigung zum Tragen der Mitra (Bischofsmütze), der Dalmatika (liturgisches Festgewand), der Sandalen und des Ringes. Von den Mönchen und Laienbrüdern hörte eine große Zahl dem niederen Adel aus den Familien von Dassel, von Eschershausen (de Curia), von Halle und von Uslar an. Die bürgerlichen Namen Bertram, Bremer, Brinkmann, Kruse, Hartmann, Riemenschneider, Schütte, Twele und Weidemann waren vertreten. Spätestens 1135 wurde die romanische Kirche der Maria geweiht. Durch Schenkungen erhielt das Kloster großen Besitz an Höfen und Ländereien.

1145 wurde das Kloster Riddagshausen bei Braunschweig und 1171 das Kloster Doberan in Mecklenburg mit Mönchen aus Amelungsborn besetzt. Herzog Heinrich der Löwe berief den Amelungsborner Mönch Berno zum Apostel der Wenden und auf den Bschofssitz von Schwerin.

Um 1350 wurde die Klosterkirche nach Osten durch einen hohen gotischen Anbau wesentlich vergrößert. Mittel dazu müssen von den Herzögen zu Braunschweig-Lüneburg und von Mecklenburg, sowie den Grafen von Everstein und den Edelherrn von Homburg gestiftet sein, denn die Wappen dieser vier Geschlechter zieren das große Chorgewölbe über dem Hochaltar. Nach dem Tode des Herzogs Heinrich des Jüngeren, der ein strenger Anhänger der katholischen Lehre war, trat der Abt Andreas Steinhauer 1568 zum evangelischen Glauben über und heiratete eine Bürgertochter aus Stadtoldendorf. Der Klosterbesitz wurde vom Herzog von Braunschweig eingezogen und in den freigewordenen Klostergebäuden eine „große“ Schule eingerichtet. Mit der Verwaltung des Klostergutes wurde ein fürstlicher Amtmann betraut.

1760 wurde die hohe Schule nach Holzminden verlegt und dort mit der Stadtschule zum Gymnasium vereint. Wilhelm Raabes Erzählung „Das Odfeld“ schildert Begebenheiten in Amelungsborn im Jahre 1761.

In den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges wurde der älteste romanische Teil der Klosterkirche durch amerikanische Bomben zerstört, auch wurde in dem gotischen Teil die Glasmalerei des 14. Jahrhunderts in dem großen 10,6 m hohen und 3,8 m breiten Ostfenster vollständig vernichtet. In 42 Bildfeldern war das Leben der Maria und das Leben Christi von der Geburt bis zur Auferstehung und Himmelfahrt dargestellt.

Besondere Sehenswürdigkeiten der Klosterkirche sind: Der gotische Levitensitz aus Buntsandstein mit figürlichen Verzierungen, die die Frömmigkeit (betender Mann), die Kraft (Simson einem Löwen den Rachen öffnend), die Gelehrsamkeit (Fuchs in Mönchskutte mit einem Buch) und die Schweigsamkeit (Blattornamente) darstellen. Darüber der heilige Bernhard von Clairvaux als Mönch.

Das Grabmal eines Grafen von Everstein mit seiner Ehefrau aus dem Ende des 14. Jahrhunderts.

Der Grabstein des letzten Abtes Andreas Steinhauer am Aufgang zur Orgelempore im romanischen Teil der Kirche.

Von den alten Klosterbauten ist das gotische Torhaus dem Verfall preisgegeben. Der Künstler Fritz Röhrs in Hildesheim hat dieses Torhaus als Vorlage zu seinem Holzschnitt „Die Geburt Christi“ benutzt.



Der Vogler

Zwischen Eschershausen und Bodenwerder an der Weser liegt der Vogler, der schon in einer alten Grenzbeschreibung des Bistums Hildesheim um 980 als Mons Vugleri erwähnt wird. Es handelt sich um ein zusammenhängendes Waldgebirge im Weserbergland, das sich bei einer Länge von zehn Kilometern bis zu 460 m erhebt und von keiner Verkehrsstraße durchquert wird. Umschlossen wird der Vogler von elf Ortschaften, die mit ihren hellen niedersächsischen Fachwerkhäusern unter dunklen Dächern aus Buntsandstein dieser Gegend ihr Gepräge geben. Die Einwohner dieser Ortschaften hatten von alters her im Vogler das Recht der Mast- und Grashude für Kühe und Schweine sowie des Laubsammelns und noch heute besteht das Recht auf kostenloses Einsammeln des Fall- und Leseholzes.

Eine Wanderung von Eschershausen nach Bodenwerder über den Kamm des Voglers dauert etwa vier Stunden und bietet sehr viele herrliche Ausblicke in das Weserbergland, führt durch alten Hochwald, junge Anpflanzungen und mit Blumen übersäte Kahlschläge. Bereits nach einer Viertelstunde hat man am Kappenberge den Nadelwald erreicht. Ein kleiner Steinbruch am Wege birgt sehr viele Versteinerungen aus der Jurazeit an kleinen Muscheln und Gliedern des Stängels der Seelilie. Der weitere Weg gleicht einem Promenadenwege, wie ihn schöner manche Großstadt nicht aufzuweisen hat. Er führt an einer kleinen Lichtung vorbei, in der morgens und abends fast regelmäßig stattliches Rehwild seine Nahrung sucht. Weiter geht es jetzt durch hohen Mischwald bis auf den Piepenbrink. Hier bietet sich dem Auge ein schöner Ausblick in die untere Wickenser Börde mit eng aneinander gereihten Dörfern entlang des Kammes des Iths. Der Weg führt weiter auf der Höhe des Berges zwischen Himbeeren und Brombeeren hindurch, die jahreszeitlich eine Gabe des Himmels sind.

Ein steiler Aufstieg im Hochwald führt dann auf einen wunderschönen Grasweg, zu dessen Seiten Birken, Fichten und Kiefern im Sonnenglanz in allen Abtönungen des Grün schillern. Verlassen, fast vergessen steht hier ein Grenzstein der Forstbezirke aus dem Jahre 1746. Auf einer Höhe, nach Norden von einer Lärchenschonung umgeben, steht eine einsame große Buche, die alle Jugendlichen zu einer leichten Besteigung einlädt und oft genug einer ganzen Wandergruppe an ihrem Stamm und Ästen gleichzeitig Kletterübungen ermöglicht. In ihrer Spitze weitet sich der Blick über den nahen Hochwald weit in die obere Wickenser Börde. Nach kurzem Abstieg von der Höhe ist der mit Wegzeichen versehene Hauptweg zum Ebersnacken und nach Bodenwerder erreicht. Auf ihm geht die Wanderung durch Hochwald bis zum Langenberg weiter.

Hier bietet sich dem Auge einer der schönsten Blicke überhaupt. Man hat einen wunderschönen Blick auf Eschershausen und Holzen, den Ith und Hils und bei klarem Wetter auf den Brocken, die Homburger Berge mit der Homburg, die Hube bei Einbeck, Stadtoldendorf, den Holzberg und den Solling. Zu unseren Füßen liegt das Odfeld – Campus Odini – Wilhelm Raabes mit dem Schafteich des Klosters Amelungsborn und dem Butzeberg, in dem Thedel von Münchhausen nach verbotenem Bad zur Hilfe der Knechte von Amelungsborn den „Wilden Mann“ spielte.

Weiter im Buchenhochwald wird der Kohlhay überschritten und abwärts geht es bis zur Abzweigung in das Wabachtal mit seinen herrlichen Naturschönheiten. Aber bei dieser Wanderung geht der Weg weiter zum Ebersnacken, der höchsten Erhebung des Voglers. Auf dem Wege dorthin sehen wir Suhlstellen der Wildschweine und etliche Bäume zeigen, das die Wildschweine nach dem Bad sich an ihnen gerieben haben. Die Aussicht von dem 460 m hohen Ebersnacken ist eben aber sehr beschränkt, denn der Turm, der hier einstmals stand, ist nicht mehr vorhanden. Im Jahre 1890 war zu Vermessungszwecken von der Militär-Verwaltung die Errichtung eines kleinen Turmes geplant. Mit einem Zuschuss des Kreises Holzminden konnte dann aber ein 13 m hoher Aussichtsturm errichtet werden, der einen Rundblick in das schöne Weserbergland gestattete. Aber bereits 1910 musste der Turm abgerissen werden, weil seine Besteigung mit Lebensgefahr verbunden war. Im Sommer 1922 wurde daraufhin ein neuer Holzturm von 23 m Höhe errichtet, der vielen Wanderern einen unvergesslichen Ausblick gestattete. Holzminden, der Köterberg, das Hermannsdenkmal bei Detmold, der Süntel und Deister, der Ith und Hils, der Osterwald, die sieben Berge bei Alfeld und auch der Harz waren gut zu sehen. Dazwischen Dörfer und Städte, Ackerfelder und Wiesen mit ihren verschiedenartigen Färbungen. Im Frühjahr 1945 stieß ein amerikanisches Flugzeug gegen den Turm und beschädigte ihn so schwer, dass er nicht mehr bestiegen werden konnte. Es besteht die Hoffnung, dass ein neuer Turm errichtet werden wird, da auch der Verkehrsverband Weserbergland daran interessiert ist. Einen Wegweiser nach Bo (Bodenwerder) und Kö (Königszinne) haben Spaßvögel in Bonn und Köln abgeändert.

Vom Ebersnacken geht es dann steil zu einem Kahlschlag, von dem aus man die beiden Dörfer Breitenkamp und Heinrichshagen ganz vom Vogler eingeschlossen liegen sehen kann. Heinrichshagen nimmt für sich in Anspruch, einer der Vogelherde Heinrichs des Finklers gewesen zu sein.

Nach der weiteren Kammwanderung wird ein schöner Ausblick auf die Weser möglich und bald zweigt dann ein Weg nach Rühle an der Weser ab. Von Rühle aus besteht die Möglichkeit, mit einem Weserdampfer aufwärts nach Holzminden oder abwärts nach Bodenwerder zu fahren. Der Hauptweg führt weiter zum Bodoturm, der aber auch dem Zahn der Zeit und dem Holzwurm zum Opfer gefallen ist. Eine Schutzhütte ist noch vorhanden. Nach steilem Abstieg führt der Weg weiter auf dem Kamm entlang bis zur nördlichsten Spitze des Voglers, der Königszinne.

Von der aus Buntsandstein des Voglers errichteten Zinne zur Erinnerung an die Völkerschlacht bei Leipzig hat man einen herrlichen Ausblick auf das hier sehr enge Wesertal mit der Stadt Bodenwerder und dem Dorf Kemnade. Ohne Schwierigkeiten lässt sich das Münchhausen-Haus und Münchhausens Berggrotte, sowie die Klosterkirche des um 962 gegründeten Nonnenklosters Kemnade erkennen. Der nahe liegende Eckberg fällt so steil in die Weser, dass sich hier ihr Bett dem Berge anpassen musste. Ein kurzer Abstieg und Bodenwerder ist erreicht, von wo aus die Rückkehr mit einem Weserdampfer über Holzminden oder mit der Eisenbahn nach Eschershausen angetreten werden kann.



Die Tropfsteinhöhle im Rothen Stein

Eine dreiviertel Wegstunde von Eschershausen entfernt liegt am Südhang des Iths der Rothe Stein. Eine Felsengruppe aus Dolomit, die in ihrer grau-weißlichen Farbe keinen Anspruch auf die Farbenbezeichnung „rot“ machen kann. Bisher konnte nicht festgestellt werden, welche Gründe für diese Bezeichnung maßgebend waren. Es ist nicht anzunehmen, dass in der Schlacht zwischen den Germanen und den Römern bei Idistavisus die Felsengruppe von dem Blut der erschlagenen Kämpfer rot gefärbt wurde. Wahrscheinlicher ist die Annahme von Rustenbach in „Der ehemalige Gau Wikanavelde“, dass die Bezeichnung auf die „villa Rothe“ in Wikanavelde zurückzuführen ist. Rothe wird 1004 urkundlich erwähnt und wird am Fuße des Iths gelegen haben. Der unter der Poppenburg bei der Holzer Hütte entspringende starke Bach hieß früher „Rothbeke“ und ein unmittelbar unter den Ithfelsen gelegener Ackerplan hieß nach der alten Flurkarte von 1760 „Der rothe Kamp“.

In der Felsengruppe Rother Stein befindet sich eine natürliche Höhle mit schönen Tropfsteingebilden, die schon während der Steinzeit von Menschen bewohnt wurde. Die Erforschung der Höhle im Jahre 1878 hat mancherlei Beweise dafür erbracht. Die Höhle befindet sich heute noch in dem Urzustand und ist nur im Schein von Fackeln oder elektrischen Taschenlampen betretbar. Der Eingang der Höhle ist ziemlich unauffällig, so dass er von vielen Wanderern nicht gefunden worden ist. Eine sehr starke, alte Buche und ein Bergahorn, die ihre Lebenskraft aus den Rissen der Felsen ziehen, flankieren den Eingang zur Höhle.

Anfangs ist die Höhle recht eng, aber ein festgetretener Grund lässt die Höhle leicht beschreiten. Nach etwa 15 Metern im Höhleninneren ist ein nicht ganz ungefährlicher Abstieg um 1½ m bis 2 m über Felsblöcke zu überwinden, um in den scharf nach rechts biegenden Teil der Höhle zu gelangen. Nach Durchschreiten einer niedrigen Stelle in gebückter Haltung öffnet sich die Höhle zu großer Höhe mit schönen Tropfsteingebilden an den Seitenwänden in einer Länge von etwa sechzig Metern. Der Grund ist mit vielen Felssplittern besät und an mehreren Stellen befinden sich kleine Wasserstellen, Ansammlungen des Tropfwassers. Rechts und links des Ganges sind einzelne Nischen in Felsspalten, die früher als Lagerstätten oder Feuerstellen gedient haben mögen. Kurz vor dem jetzigen Ende der Höhle liegt in 4 m bis 5 m Höhe der schwer zu erkletternde Saal mit einer Größe von 3 m × 4 m. Rechter Hand endet dann die Höhle. Das tropfende Kalkwasser hat hier in Jahrhunderten eine schräge Wand gebildet und dadurch die Höhle „vermauert“.

Von dem Saal aus besteht noch eine kleine Öffnung zu dem Höhlenende.

Zu bemerken bleibt noch, dass die Rothe Steinhöhle nicht von den fünf Flüchtlingen aus dem Kloster Amelungsborn unter Führung des Magisters Buchius im Siebenjährigen Kriege aufgesucht wurde. (Wilhelm Raabe, Das Odfeld.) Die kleine Höhle des Magisters Buchius lag über dem Eulenbruch am Ith, etwa unter der heutigen Segelfliegerschule.

Im Dreißigjährigen und Siebenjährigen Kriege soll die Rothe Steinhöhle bedrängten Einwohnern aus Scharfoldendorf und Holzen eine sichere Zufluchtsstätte gewesen sein.



Der Ith

Im Norden von Eschershausen zieht sich in 28 km Länge der Kamm des Iths von dem Dorfe Holzen bis Coppenbrügge bei Hameln hin. Er erreicht eine Höhe von 439 m und besteht aus Jura-Kalkstein. Sein Entstehen ist auf eine Erdfaltung zurückzuführen. Ob am Ith die Schlacht bei Idistavisus stattgefunden hat, konnte noch nicht ermittelt werden. Seit Jahrhunderten ist der Kamm die Grenzscheide zwischen den Ländern Hannover und Braunschweig gewesen.

Der Südhang ist mit Buchen bewaldet, während sich auf dem Nordhang die Ithwiesen befinden, die ein ausgezeichnetes Gelände für den Wintersport und den Segelflug bieten.

Aus dem Kamm des Iths springen sehr viele Felsengruppen hervor, die über dem Dorf Lüerdissen besonders groteske Formen zeigen, Die Felsengruppe oberhalb des Dorfes Holzen wird der Nasenstein genannt, dann folgt der Rothe Stein mit der Tropfsteinhöhle, der Kelchstein, die Bärenhöhle und schließlich die Segelfliegerschule Ith. Hier zieht sich die alte Heerstraße von Hildesheim nach Paderborn über den Kamm. Vor etwa hundert Jahren wurde durch eine neue Linienführung der Straße mit einer Haarnadelkurve den Verkehrsfahrzeugen erhebliche Erleichterung gebracht. Oberhalb dieser neuen Straße beginnen die Lüerdisser Klippen, die wegen ihrer Formen alle einen Namen haben.

Zuerst erreicht man den umgestülpten Pferdehuf, der aber schlecht zu besteigen ist, weil eine Felsspalte übersprungen werden muss. Es folgen der Twägerstein, das Krokodil, die Hexenkanzel und der Kamelskopf. Letzterer ist sehr schwierig zu besteigen. Schließlich sind der Teufelstrichter, der Pilzstein, die Wilhelm-Raabe-Klippe, der Falkenhorst und der Pfaffenstein noch zu besteigen. An der Wilhelm-Raabe-Klippe ist der Kopf des Dichters als Relief eingemeißelt.

Von allen Klippen aus ist eine schöne Aussicht in die Wickenser Börde mit Eschershausen und den vielen dicht beieinander liegenden Dörfern, auf die Homburg und den Vogler. Bei einer Halbtagswanderung ist der Aufstieg von den letzten Klippen aus anzutreten. Unterhalb der lthklippen sind viele Arten von versteinerten Schnecken zu finden. Im Frühling und Sommer blühen schöne und seltene Blumen am und auf dem Ith, zum Beispiel Seidelbast oder Kellerhals, Märzbecher, Lerchensporn, Himmelschlüssel, Aronstab, Maiblume, Orchideen verschiedener Art, Arnika und andere mehr.



Auf den Lüerdisser Klippen

So komm denn her, mein braver Pegasus!
Viel Zeit verging, seit ich Dich nicht geritten.
Doch da ich Dich nun heute satteln muss,
So sei auch folgsam, lass Dich freundlich bitten!
Nicht in die Ferne lenk’ ich Deinen Flug,
Nur jenen Berg hinan, Du kennst ihn lange.
Schon, als ich noch die Schülermütze trug,
Weilt’ ich mit Dir wohl hier am Felsenhange.
Nun halt, mein Ross, lass mich im Schatten ruhn,
Den freundlich hier die hohen Buchen spenden.
Vom felsbesäumten Gipfel will ich nun
Zurück ins Tal die Blicke suchend wenden.
O trautes Heimatland, wie bist du schön,
Umrahmt von Bergen und umkränzt von Wäldern,
Hier ragen Ith und Hils zu steilen Höhn,
Dort wächst der Vogler massig aus den Feldern.
Nicht einen Gipfel seh ich, den ich nicht
In frohem Jugendmut gar oft erstiegen,
Kein Fels war steil für mich, kein Dickicht dicht,
War’s oft auch schwer, ich wusste doch zu siegen.
Dort, wo der Lenne schmales Silberband
Dem Schutz von Kirch- und Odberg sich entwindet,
Grüßt mich die Stadt, wo meine Wiege stand.

Eschershausen 1894.

Robert Rustenbach.



Der Hils

Hinter Holzen und dem Ith erhebt sich der Hils bis zu einer Höhe von 488 m. Er hat die Form einer großen Muschel und besteht in den Vorbergen aus Jurakalk und sonst aus Sandstein. In dem Jurakalk findet sich der Asphalt, der früher im Tagebau und jetzt bergwerksmäßig in der Grube Herzog Wilhelm und in dem Stollen Gustav gewonnen und in Eschershausen verarbeitet wird.

Durch den Hils führt die Bundesstraße 480 von Eschershausen nach Alfeld, an der auf der Sattelhöhe das Gasthaus Roter Fuchs liegt. Der Hauptwaldbestand des Hilses besteht aus Fichten. Seine höchste Erhebung, der Große Sohl, wird von einem eisernen Aussichtsturm gekrönt, der im Jahre 1909 errichtet wurde, als sein Vorgänger, ein Holzturm, zusammengebrochen war. Er erhielt den Namen Raabeturm.

1910 wurde dem Turm gegenüber das erste Raabedenkmal in Deutschland vom Hilsverein und den Brüdern vom Großen Sohl eingeweiht. Der Dichter Wilhelm Raabe konnte aus Gesundheitsrücksichten nicht selbst an der Feier teilnehmen.

Von dem Raabeturm aus ist bei gutem Wetter ein weiter Ausblick möglich. Es kann der Brocken und der Teutoburger Wald mit dem Hermanns-Denkmal gesehen werden. Die Ithwiesen, der Ithkamm, die Homburger Berge, der Vogler, der Solling, der Köterberg jenseits der Weser und die Sieben Berge bei Alfeld liegen im Blickfeld.

Jährlich zur Wintersonnenwende wandern die Brüder vom Großen Sohl aus Hannover zum Raabedenkmal und Raabeturm auf dem Großen Sohl zu einer Raabeehrung.

Vom Gasthaus Roter Fuchs aus führt ein Weg links zum Raabeturm und rechts über den Hilskamm nach Vorwohle. Auf halber Höhe des Hilses führen der Sand- und der Bohlweg von den Ithwiesen an der Grube Herzog Wilhelm vorbei nach Vorwohle.

Mitten im Hils liegt das Dorf Grünenplan, das 1750 von dem Oberjägermeister von Langen mit der Glashütte Grünenplan gegründet wurde.

Eine schöne Tageswanderung führt von Eschershausen über Holzen, durch die Holzer Hütte zum Roten Fuchs, weiter zum Großen Sohl mit Raabeturm und Raabedenkmal, zu den Ithwiesen, der Rothen Stein-Höhle und über Scharfoldendorf nach Eschershausen zurück. Andere Wanderungen sind vom Großen Sohl durch den Duinger Wald zu der uralten Töpferindustrie in Duingen, zur Lippoldshöhle bei Brunkensen und durch das Wellenspringtal nach Kaierde.

Im Hils sind Wildbestände von Hirschen, Rehen, Wildschweinen und Muffelwild vertreten.



Wilhelm Raabe

Wilhelm Raabe wurde am 8. September 1831 als Sohn des Aktuars Gustav Raabe und seiner Ehefrau Auguste, geborene Jeep, in Eschershausen in dem heute mit einer Gedenktafel versehenen Hause, Raabestraße 5, geboren. Am 15. September 1831 wurde der Aktuar Raabe nach Holzminden versetzt. Seine Familie siedelte kurz vor Weihnachten nach dort über. Hier wohnte die Familie Raabe bis 1842, um dann nach Stadtoldendorf umzusiedeln. Der Justizamtmann Raabe starb hier 1845, und die Mutter zog mit drei Kindern nach Wolfenbüttel um.

Von 1836 bis 1849 hat Wilhelm Raabe die Bürgerschule in Holzminden und Stadtoldendorf und die Gymnasien in Holzminden und Wolfenbüttel besucht. Anschließend ging er als Lehrling in die Creutzsche Buchhandlung nach Magdeburg. 1853 kehrte er nach Wolfenbüttel zurück und vervollständigte sein Wissen als Vorbereitung für den Universitätsbesuch in Berlin. In Berlin wohnte Wilhelm Raabe in der Spreegasse. Hier begann er am 15. November 1854 die Chronik der Sperlingsgasse zu schreiben, die 1856 gedruckt wurde.

1862 verheiratete sich Wilhelm Raabe mit Bertha Leiste in Wolfenbüttel und zog mit ihr nach Stuttgart. Hier schrieb er „Die Leute aus dem Walde“, der „Hungerpastor“, „Abu Telfan“ und „Der Schüdderump“. Während des Krieges 1870 zog die Familie Raabe nach Braunschweig um. Hier entstanden noch viele Erzählungen und Romane und als letztes Werk „Altershausen“. Die Gesamtausgabe von Raabes Werken umfasst achtzehn Bände.

An seinem siebzigsten Geburtstag wurde Wilhelm Raabe in Braunschweig hochgeehrt. Von seiner Geburtsstadt Eschershausen wurde ihm das Ehrenbürgerrecht erteilt. Am 15. November 1910 starb Wilhelm Raabe in Braunschweig und wurde in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof beigesetzt. Von seinen vier Töchtern lebt heute noch Frau Klara Behrens-Raabe in Wolfenbüttel.






O, versteht es nur, Blumen zwischen die öden Blätter des Lebens zu legen; fürchtet euch nicht, kindisch zu heißen bei zu klugen Köpfen; ihr werdet keine Reue empfinden, wenn ihr zurückblättert und auf die vergilbten Angedenken trefft!

Die Chronik der Sperlingsgasse.





Notizen zur Digitalisierung des Originals

Das Originalbüchlein im Format von 11,9 cm × 16,7 cm (B6, beschnitten) hat 36 Seiten zuzüglich Einband. Gedruckt wurde schwarzweiß auf einfachem Papier, der Einband ist aus beigefarbenem dünnem Karton.

Wahrscheinlich erschien das Buch im Jahr 1954.

Gesetzt wurde das Buch in der Schriftart Erbar-Grotesk, entworfen von Jakob Erbar, erschienen 1926 in der Gießerei Ludwig & Mayer in Frankfurt am Main. Erbar ist der direkte Vorläufer der bekannten Schrift Futura von Paul Renner. Lediglich zwei Zeilen des Buchtitels auf der Frontseite sind in einer anderen Schriftart gesetzt.

Für den Computersatz dieser Fassung wurde die Schriftart Erbar URW verwendet (welche im Gegensatz zum Original leider ein zweistöckiges „a“ besitzt). Die Schriftgröße des Fließtextes ist 12 Punkt, was eine relativ gute Annäherung an das Original darstellt. Fließtext ist im Schnitt „Book“ dargestellt, Überschriften in „DemiBold“.

In der modernisierten Version sind Schreib- und Satzfehler korrigiert, Abkürzungen ausgeschrieben, die Schreibweisen, außer in historischen Zitaten, an die aktuelle Rechtschreibung angepasst und einige stilistische Änderungen vorgenommen (beispielsweise Zahlwörter statt Ziffernschreibweise).

Die Seiten sind nun für A5-Größe (14,8 cm × 21,0 cm) formatiert, wobei die Breite des Satzspiegels von 9,1 cm beibehalten wurde. Durch das größere A5-Format sind die Seitenränder breiter als im Original, und der Satzspiegel ist höher.

Christian Kaese
Eschershausen 2019